Mit der Unterzeichnung eines Praxismietvertrags binden Sie sich meist für sehr lange Zeit und verpflichten sich zur Zahlung hoher Geldsummen. Über zehn Jahre kommen allein für die Kaltmiete schnell mehrere Hunderttausend Euro zusammen. Allerdings ist ein Mietvertrag über geeignete Praxisräume Voraussetzung für die Zulassung als Vertragsärztin bzw. -arzt oder für ein Bankdarlehen. Vor Vertragsabschluss ist einiges zu bedenken, um Streit oder böse Überraschungen zu vermeiden.
Praxismietvertrag: Voraussetzung für die Niederlassung
Um eine ambulante ärztliche Tätigkeit auszuüben, brauchen Sie grundsätzlich die Niederlassung in einer Praxis – das heißt: einen Praxissitz. Die meisten Ärztinnen und Ärzte mieten Geschäftsräume, die im besten Fall schon vorher als Arztpraxis genutzt wurden und über eine entsprechende Ausstattung verfügen. Neben der Lage des Mietobjekts ist insbesondere die Höhe der Miete entscheidend, denn Praxismietverträge werden in der Regel über sehr lange Laufzeiten fest vereinbart – damit verpflichten Sie sich für die nächsten zehn oder mehr Jahre zur Zahlung hoher Geldsummen. Der Praxismietvertrag ist daher von immenser Bedeutung und sollte vor der Unterzeichnung gut geprüft werden. Ein Mietvertrag über Praxisräume ist zudem Voraussetzung für die Zulassung als selbstständige(r) Vertragsärztin bzw. -arzt und meist auch für entsprechende Kredite von Banken.
Unterschiede: Gewerbemietrecht gegenüber Wohnraummietrecht
Praxismietverträge sind Gewerbe- oder Geschäftsraummietverträge – obwohl Ärztinnen und Ärzte freiberuflich tätig und keine Gewerbetreibenden sind. Mietrechtlich gesehen gelten sie jedoch als Unternehmerin bzw. Unternehmer. Damit gilt bei Abschluss eines Praxismietvertrags das Gewerberaummietrecht mit folgenden Besonderheiten:
- Im Gegensatz zum strikt geregelten Wohnraummietrecht haben die Vertragsparteien beim Gewerbemietvertrag weitgehende Verhandlungsfreiheit und beinahe unbeschränkten Gestaltungsspielraum.
- Als Mieterin bzw. Mieter genießen Sie nicht den umfangreichen gesetzlichen Mieterschutz, den es im privaten Bereich gibt; Sie müssen sich allein schon deswegen viel stärker absichern.
- Anders als bei privaten Wohnungsmietverträgen, die meist unbefristet sind und mieterseits in der Regel mit einer Frist von drei Monaten kündbar sind, werden Gewerbemietverträge meist über eine feste Laufzeit abgeschlossen.
- Praxismietverträge werden oft für sehr lange Zeiträume (zehn oder mehr Jahre) fest abgeschlossen. Das ist zwar in Ihrem Interesse, da Sie als Existenzgründer(in) Planungs- und Investitionssicherheit brauchen, aber Sie treffen im Moment der Vertragsunterzeichnung eine sehr weitreichende Entscheidung, die Sie für lange Zeit bindet und zur Zahlung der Miete verpflichtet.
- Der Mietzins von Praxisräumen bewegt sich in gewerblichen Höhen, und die sind in der Regel höher als Wohnungsmieten. Bei der Unterzeichnung eines Praxismietvertrags geht es um enorme Geldsummen. Aufgrund der fest vereinbarten Laufzeit lässt sich der Gesamtbetrag, über den Sie entscheiden und den Sie in den nächsten Jahren werden zahlen müssen, meist direkt ermitteln.
- Gewerbliche Mieten sind anders als Wohnungsmieten weit weniger gedeckelt und dürfen im Wesentlichen zwischen Vermieter und Mieterin bzw. Mieter frei vereinbart werden
Entscheidung über mehrere Hunderttausend Euro
Geht es beispielsweise um eine 170 Quadratmeter große Preis mit einer Kaltmiete von 2.000 Euro, summieren sich allein diese Zahlungen im Laufe von zehn Jahren auf knapp eine Viertel Million Euro. Dabei sind eine meist fällige Kautionszahlung in Höhe von drei Monatsmieten, die laufenden Betriebs- und Nebenkosten (Heizung, Wasser, Strom etc.) sowie eventuelle Mieterhöhungen im Verlauf der zehn Jahre noch nicht berücksichtigt. Hinzu kommen noch Anfangsinvestitionen beim Bezug der Räume, Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung sowie Schönheitsreparaturen – und womöglich noch Rückbaukosten bei Beendigung des Vertrags. Da ergeben sich hohe Geldbeträge, die Gründe genug liefern, das Thema „Praxismietvertrag“ nicht beiläufig zu behandeln.
Dennoch wird der Mietvertrag oft zu wenig beachtet, weil man sich in der Gründungsphase um viele andere Vereinbarungen kümmern muss, wie den Praxiskaufvertrag, einen Gesellschaftsvertrag, Darlehens- und Arbeitsverträge und vieles mehr. Dabei hat gerade der Praxismietvertrag existenzielle Bedeutung, denn er bietet die Sicherheit und den Rahmen, um den Beruf als niedergelassene Ärztin bzw. als niedergelassener Arzt ausüben und wirtschaftlich erfolgreich sein zu können. Umso wichtiger ist es, hier keinen Fehler zu machen.
Schriftformerfordernis
Mietverträge, die für eine Dauer von mehr als einem Jahr geschlossen werden, bedürfen der Schriftform. Wird die Schriftform nicht gewahrt, ist der Vertrag zwar trotzdem wirksam, er gilt dann aber als „auf unbestimmte Zeit“ geschlossen. Das bedeutet, er könnte (nach Ablauf eines Jahres) ordentlich unter Einhaltung der gesetzlichen Frist von einem halben Jahr gekündigt werden – von beiden Seiten. Anderslautende, vertraglich vereinbarte längere Festlaufzeiten wären ohne Schriftform hinfällig.
Die Schriftform dient einerseits dazu, dass sich – bei einem anstehenden Eigentümerwechsel von Räumen und/oder Grundstück – ein Dritter einen Überblick über die bestehenden Mietverhältnisse verschaffen kann. Andererseits nützt die Schriftform insbesondere Ihnen als Praxismieterin bzw. -mieter, um nicht in ständiger Unsicherheit zu leben: Denn bei einem unbefristeten Mietverhältnis könnte Ihnen der Vermieter jeweils bis zum dritten Werktag eines Quartals zum Ende des darauffolgenden Quartals kündigen. Eine Kündigung seitens des Vermieters am 3. Juli wäre dann beispielsweise zum 31. Dezember wirksam. Im schlechtesten Fall müssten Sie also nach einem guten Jahr Praxistätigkeit schon wieder anfangen, die Koffer zu packen, weil Ihnen der Vermieter mit gesetzlicher Frist gekündigt hat. Es empfiehlt sich daher dringend, das sogenannte „Schriftformerfordernis“ für den Praxismietvertrag zu erfüllen, um nicht ständig in der Ungewissheit zu leben, ob und wie lange Ihnen der Ort Ihrer Berufsausübung noch zur Verfügung steht. Angesichts der oft sehr kostspieligen Anfangsinvestitionen in die Praxis benötigen Sie ohnehin eine lange Laufzeit, bis sich diese Kosten amortisiert haben – ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis kann somit ein existenzielles Risiko darstellen und zu hoher Verschuldung führen.
Das Vertragswerk „Praxismietvertrag“ sollte zudem ein einheitliches Bild abgeben. Handschriftliche Ergänzungen und Kommentare sollten beide Parteien gesondert abzeichnen. Auch Anlagen oder Nachträge zum Vertrag sollten vollständig, inhaltlich eindeutig und gesondert unterschrieben sein. Am besten werden alle Vertragsunterlagen nach der handschriftlichen Unterzeichnung dauerhaft fest miteinander verbunden.
Voraussetzung für die Schriftformwahrung ist auch, dass sich aus dem Vertrag eine Einigung über die sogenannten „Essentialia negotii“, die Mindestinhalte des Vertrags, ergibt. Aus einer, von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde müssen die Parteien des Mietverhältnisses, Mietgegenstand, Miethöhe und Mietdauer hervorgehen.
Wichtig ist zudem eine ausreichend lange Frist für die beiderseitige Vertragsunterzeichnung: Denn wenn der Vermieter ein Unternehmen mit langen Entscheidungs- und Genehmigungsprozessen ist, kann es vorkommen, dass seine Unterschrift erst Wochen nach der der Mieterin bzw. des Mieters erfolgt. Wird dann erst verspätet gegengezeichnet, kann dies die Schriftform in Gefahr bringen.
Wesentliche Vertragspflichten und Inhalte des Mietvertrags
Durch Abschluss des Mietvertrags entsteht seitens des Vermieters die Verpflichtung, der Mieterin bzw. dem Mieter den Gebrauch der Mieträume während der Mietzeit zu überlassen. Der Vermieter hat Ihnen die Mietsache „in einem, zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand“ zu überlassen und während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Umgekehrt ist die Mieterin bzw. der Mieter verpflichtet, die vereinbarte Miete an den Vermieter zu entrichten. Hieraus ergeben sich die wichtigsten Elemente eines Praxismietvertrags: Neben den Vertragspartnern sollten Größe, Lage und Zustand der Räume, der Zweck ihrer Nutzung, die Vertragslaufzeit und die Höhe der Miete aus der Vereinbarung hervorgehen. All diese Faktoren sind für die Parteien frei verhandelbar.
Der schriftliche Mietvertrag muss mindestens Folgendes enthalten:
- eine exakte Benennung der Vertragsparteien und ihrer beim Vertragsabschluss handelnden Vertreter
- eine möglichst genaue Objekt- und Zweckbezeichnung (Mietgegenstand und Mietzweck), also Angabe von Größe, Lage und Zustand der Räume sowie Zweck ihrer Nutzung,
- die Laufzeit des Vertrags und
- die Höhe der zu entrichtenden Miete.
Vertragsparteien
Mietverträge werden einerseits zwischen natürlichen Personen geschlossen, es können aber auch Gesellschaften Vertragspartner sein, sowohl auf Vermieter- wie auch auf Mieterseite. Ist der Vermieter beispielsweise eine GmbH, muss die Geschäftsführerin bzw. der Geschäftsführer als Vertretungsberechtigte(r) den Vertrag unterzeichnen. Aber auch auf Mieterseite sind Gesellschaften keine Seltenheit: Es gibt nicht nur „Medizinische Versorgungszentren (MVZ)“, die in der Rechtsform der GmbH oder der GbR betrieben werden, auch sogenannte „Berufsausübungsgemeinschaften (BAGs)“ (früher „Gemeinschaftspraxis“) und Praxisgemeinschaften sind oft rechtsfähige „Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR)“.
Wenn Sie also planen, sich gemeinsam mit einer Kollegin oder einem Kollegen niederzulassen, dann sollten Sie überlegen, ob Sie die Räume als Einzelpersonen mieten möchten – oder ob Sie eine Praxisgesellschaft etwa in Form einer GbR gründen, die dann Vertragspartnerin im Mietvertrag wird. Der große Vorteil bei letzterer Variante: Mietet die GbR die Räume, ist der Weiterbestand des Mietverhältnisses auch dann gesichert, falls einer von Ihnen aus der Praxis ausscheidet oder neue Kolleginnen oder Kollegen in die GbR eintreten. Eine Veränderung der Anzahl der GbR-Gesellschafter hat keine Auswirkung auf den Mietvertrag. Stehen aufseiten einer Vertragspartei jedoch mehrere Einzelpersonen, muss die andere Partei jedem Ein- oder Austritt zustimmen und der Vertrag muss durch einen schriftlichen Nachtrag angepasst werden. Wird der Vertrag auf Mieterseite mit einer einzelnen Ärztin bzw. einem einzelnen Arzt geschlossen, sollten unbedingt Regelungen für die Praxisnachfolge und/oder -erweiterung, für den Fall einer Berufsunfähigkeit oder für den Todesfall aufgenommen werden.
Mietgegenstand und Mietzweck
Vor allem die Bezeichnung des „Mietgegenstands“ führt immer wieder zu Problemen. Für eine(n) unbeteiligte(n) Dritte(n) muss aus dem Vertrag eindeutig hervorgehen, welche Räume Gegenstand des Vertrags sind. Die Angabe: „Vermietet wird eine Arztpraxis in der Hauptstraße 10“ reicht nicht aus; wichtig sind eine genaue Bezeichnung wie etwa „Vorderhaus, Erdgeschoss, links“ oder eine Objektnummer sowie Angaben zur Größe und Anzahl der Räume und vieles mehr. Oft wird auf einen Grundrissplan Bezug genommen, der dann zur Wahrung der Schriftform dem Vertrag als Anlage beiliegen muss.
Im Praxismietvertrag sollte zudem festgelegt sein, zu welchem unternehmerischen Zweck („Mietzweck“) Sie die Räume anmieten. Falls es Beschwerden anderer Mietparteien im Haus gibt, etwa wegen zu hohem Publikumsverkehr oder blockierter Parkplätze, wäre es nicht gut, wenn der Vermieter behaupten könnte, nicht genau gewusst zu haben, wofür Sie die Praxisräume nutzen wollen. Allerdings sollte als „Mietzweck“ nicht nur allgemein „Betrieb einer Arztpraxis“ angegeben werden, sondern es sollte auch Ihr konkretes Fachgebiet benannt werden. Denn wenn Sie beispielsweise als Kardiologe praktizieren, sich die angemieteten Praxisräume im Sommer allerdings regelmäßig auf mehr als 26 Grad Celsius aufheizen, dann können Sie Ihre hochpathologischen Patientinnen und Patienten dort nicht behandeln. Eine Gebrauchsfähigkeit der vermieteten Räume ist damit ganz oder teilweise nicht mehr gegeben – eine eventuelle Mietminderung könnten Sie dann aber nur durchsetzen, wenn als Mietzweck klar der „Betrieb einer kardiologischen Arztpraxis“ vereinbart war.
Konkurrenzschutz
Der Mietzweck ist auch in Bezug auf den Konkurrenzschutz von Bedeutung. In einem Gewerbemietvertrag kann nämlich vertraglich ausgeschlossen werden, dass der Vermieter Räume im Haus an andere Ärztinnen oder Ärzte (gleichen Fachgebiets) vermietet. Die Vermieterseite sollte sich verpflichten, Ihnen als Praxismieterin bzw. -mieter einen „Konkurrenzschutz“ einzuräumen. Innerhalb des Gebäudes, in dem sich die von Ihnen angemietete Praxis befindet, sowie in gewisser Entfernung hiervon sollte die Überlassung bzw. der Verkauf von Räumlichkeiten an andere Ärztinnen oder Ärzte gleicher Fachrichtung zum Zweck der Ausübung einer konkurrierenden Tätigkeit vertraglich verboten werden. Für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Konkurrenzschutzklausel sollte eine Vertragsstrafe angesetzt werden.
Wurde keine ausdrückliche Konkurrenzschutzregelung getroffen, greift stets der sogenannte „vertragsimmanente Konkurrenzschutz“ zugunsten der Mieterin bzw. des Mieters entsprechend dem vereinbarten Mietzweck. Das heißt aber auch: Je unspezifischer die Formulierung des Mietzwecks im Vertrag lautet, um so schwieriger wird es, den Konkurrenzschutz durchzusetzen. Ist als Mietzweck „der Betrieb einer Praxis für Allgemeinmedizin“ präzisiert, ist klar, dass der Vermieter keine anderen Räume im selben Haus an eine Hausarztpraxis vermieten darf.
Für Arztgruppen, deren Fachgebiet an andere Fachrichtungen grenzt oder sich mit diesen deckt, sollte möglichst immer eine ausdrückliche Regelung zum Konkurrenzschutz getroffen werden. Das betrifft beispielsweise Zahnärzte, MKG-Chirurgen und Kieferorthopäden, oder Angiologen, Kardiologen, Phlebologen und Neurologen, sowie Chirurgen und Orthopäden. Ein Verstoß gegen das Konkurrenzschutzgebot stellt einen Mangel der Mietsache dar, der zur Mietminderung berechtigt. Natürlich kann die Mieterin bzw. der Mieter vom Vermieter auch Unterlassung verlangen.
Laufzeit: Festlaufzeit oder „auf unbestimmte Zeit“
Miete ist Gebrauchsüberlassung auf Zeit. Wird bezüglich der Vertragsdauer keine Vereinbarung getroffen, läuft das Mietverhältnis „auf unbestimmte Zeit“. Das bedeutet, es kann von beiden Vertragsparteien jederzeit ohne Grund „ordentlich“ mit einer Frist von einem halben Jahr gekündigt werden. Das wäre für Sie als Ärztin bzw. Arzt mit neu gegründeten Unternehmen keine gute Basis: Daher wird das sogenannte „ordentliche Kündigungsrecht“ in Praxismietverträgen in der Regel ausgeschlossen – damit Sie als Praxisgründerin bzw. ‑gründer mehr Planungssicherheit haben und damit Gelegenheit, den Standort zu sichern und Ihre Anfangsinvestitionen zu amortisieren.
Üblicherweise werden Praxismietverträge über eine Festlaufzeit von fünf, zehn oder auch 15 Jahren abgeschlossen, in Einzelfällen sogar über 30 Jahre. Die Vorlage eines derart langfristigen, fest abgeschlossenen Mietvertrags verlangen viele Banken auch als Sicherheit, ehe sie einen Kredit etwa für den Praxiskauf oder für Anfangsinvestitionen bewilligen. Die langen Laufzeiten können mieterseits aber nicht nur ein Segen, sondern auch ein Fluch sein: Denn wer als Mieterin bzw. Mieter früher aus dem Vertrag aussteigen möchte oder muss, etwa aufgrund von Krankheit oder privaten Umständen, hat oft ein Problem. Im schlimmsten Fall kann der Vermieter auf die volle Vertragserfüllung bestehen, dann müssen Sie bis zum Ende der Laufzeit bezahlen, auch wenn die Praxis bereits geschlossen ist.
Bei einer langen Laufzeit empfiehlt es sich daher, auch die „Option der Untervermietung“ in den Vertrag aufzunehmen. So hätten Sie zumindest die Chance, Ihre Praxis an eine andere Ärztin oder einen anderen Arzt zu vermieten, falls Sie nicht mehr arbeiten können oder wollen. Noch besser ist es, sich vom Vermieter zusichern zu lassen, dass er bei vorzeitigem Ausstiegswunsch eine Nachmieterin bzw. einen Nachmieter akzeptiert (sofern keine gravierenden Gründe gegen die Nachfolgerin oder den Nachfolger sprechen).
Verlängerungsoption und Regelungen zur automatischen Verlängerung
Zusätzlich können Sie sich als Praxismieterin bzw. -mieter das Recht zur einseitigen Verlängerung der Festlaufzeit über wiederum mehrere Jahre einräumen lassen („Optionsrecht“). Eine solche „Verlängerungsoption“ kann Ihnen auch mehrfach zugebilligt werden. Sie haben dadurch die Möglichkeit, sich die Praxisräume – auch über die Festlaufzeit hinaus – für weitere Jahre zu sichern. Für gewöhnlich müssen Sie sich zur Ausübung dieses Optionsrechts bis zu einem vertraglich festgelegten Zeitpunkt entscheiden, ob Sie den Vertrag einseitig verlängern möchten oder nicht. Der Vermieter hat in Bezug auf die Optionsausübung keinerlei Mitspracherecht. Behalten Sie die Fristen zur Nutzung einer vereinbarten Verlängerungsoption unbedingt im Blick, denn es ist allein Sache der Mieterin bzw. des Mieters, die Verlängerung zu überwachen und zu bestätigen. Anderenfalls läuft der Vertrag auf unbestimmte Zeit weiter (soweit dies nicht ausdrücklich vertraglich ausgeschlossen wurde) und kann dann „ordentlich“ im Rahmen der gesetzlichen Frist von beiden Seiten gekündigt werden.
Daneben gibt es Regelungen zur automatischen Verlängerung des Mietverhältnisses: So lässt sich beispielsweise vereinbaren, dass sich der Mietvertrag nach Ablauf der Festlaufzeit zeitlich unbegrenzt verlängert, bis eine ordentliche Kündigung erfolgt. Ebenso ist es möglich, eine zeitlich begrenzte automatische Verlängerung der Festlaufzeit, etwa um jeweils ein Jahr, zu vereinbaren. Legen die Parteien nicht fest, wie es nach Ablauf der Festlaufzeit weitergehen soll, verlängert sich das Mietverhältnis automatisch „auf unbestimmte Dauer“ und ist dann jederzeit mit der gesetzlichen Frist von einem halben Jahr kündbar.
Miethöhe und Mietanpassung
Wesentlicher Bestandteil des Praxismietvertrags ist die Miethöhe. Grundsätzlich sind die Parteien in der Vereinbarung der Miethöhe frei, denn einen „Gewerbemietspiegel“ wie bei Wohnungsmieten gibt es nicht. Die Miethöhe ist daher Verhandlungssache und wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Dennoch darf die geforderte Miete die ortsübliche Gewerbemiete nicht unangemessen überschreiten. Die örtlichen Industrie- und Handelskammern veröffentlichen regelmäßig einen Überblick, was ortsüblich ist; diese Werte können Ihnen als Verhandlungsgrundlage dienen. Oft spielt es für die vom Vermieter geforderte Miethöhe aber auch eine Rolle, inwieweit Sie sich als Mieterin bzw. Mieter beispielsweise bereit erklären, Umbau-, Renovierungs- oder Einrichtungskosten zu übernehmen.
Bei langfristigen Verträgen wird der Vermieter in der Regel ein Interesse daran haben, die Miete über die Laufzeit anpassen zu können. Dafür ist heutzutage die Festlegung einer „Staffelmiete“ oder die Verwendung einer sogenannten „Wertsicherungsklausel“ üblich:
- Bei vereinbarter „Staffelmiete“ erfolgt eine kontinuierliche, automatische Mieterhöhung in festgelegten zeitlichen Intervallen; das erleichtert zwar beiden Seiten die wirtschaftliche Kalkulation, wird aber oft als einseitig und unflexibel empfunden.
- Dagegen koppelt eine „Wertsicherungsklausel“ (Indexklausel) die Miethöhe an die Entwicklung des, vom Statistischen Bundesamt geführten „Verbraucherpreisindex für Deutschland“. Auch wenn dieser tendenziell steigt, bietet die Klausel dennoch eine ausgewogene Regelung im Interesse beider Vertragsparteien. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Klausel ist allerdings, dass die Mieterin bzw. der Mieter die Festlaufzeit des Mietvertrags einseitig auf mindestens zehn Jahre ausdehnen kann und dass sich aus der Klausel keine unangemessene Benachteiligung einer Partei ergibt, etwa weil von der Indexentwicklung nur eine Seite profitieren kann.
Vereinbaren die Parteien keinerlei Mietanpassung, bleibt die Miete für die Dauer der Vertragslaufzeit unverändert; eine einseitige Erhöhung oder Absenkung ist dann nicht möglich.
Umsatzsteuer: „ärztliche Heilbehandlungen“ oder „Behandlungen ohne medizinische Notwendigkeit“
Für den Abschluss von langfristigen Gewerbemietverträgen gilt grundsätzlich die Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12a UStG. Allerdings hat der Vermieter die Möglichkeit, zur sogenannten „umsatzsteuerpflichtigen Vermietung“ zu optieren (sogenannte „Umsatzsteueroption“ gemäß § 9 UStG) – vorausgesetzt die Mieterin bzw. der Mieter ist selbst gewerblich tätig und erzielt gewerbliche Umsätze. Dies dürfte auf einen Großteil der Ärztinnen und Ärzte allerdings nicht zutreffen, da sie steuerlich als Freiberufler gelten und grundsätzlich von der Umsatzsteuerpflicht befreit sind. Die Befreiung gilt jedoch nur für sogenannte „ärztliche Heilbehandlungen“, also all jene Leistungen, die dazu dienen, eine Krankheit festzustellen, zu lindern oder zu heilen; auch die vorbeugende Gesundheitspflege gehört dazu. Demgegenüber sind „Behandlungen ohne medizinische Notwendigkeit“ umsatzsteuerpflichtig. Dazu zählen grob gesagt alle Leistungen, deren Kosten die gesetzlichen Krankenkassen nicht übernehmen oder bezuschussen.
Wenn Sie also ausschließlich oder überwiegend „ärztliche Heilbehandlungen“ durchführen, erbringen Sie umsatzsteuerfreie Leistungen und der Vermieter kann auch nicht zur umsatzsteuerpflichtigen Miete optieren. In der Regel erfolgen die Mietzahlungen daher für die meisten Arzt- und Zahnarztpraxen, insbesondere für jene, die nur gesetzlich Versicherte behandeln, umsatzsteuerfrei. Nur Ärztinnen bzw. Ärzte, die ausschließlich oder fast ausschließlich steuerpflichtige Umsätze aus „Behandlungen ohne medizinische Notwendigkeit“ haben, werden umsatzsteuerpflichtig – weshalb der Vermieter auch Mehrwertsteuer erheben könnte. Achten Sie darauf, dass der Praxismietvertrag dies nur dann erlaubt, wenn garantiert ist, dass Sie dauerhaft ausschließlich (oder zumindest weit überwiegend) umsatzsteuerpflichtige Behandlungsleistungen erbringen. Ansonsten riskieren Sie, für den Ausschluss des Vorsteuerabzugs beim Vermieter haften zu müssen.
Zulassung, Nachbesetzung und Rücktritt
Wer als Vertragsärztin oder Vertragsarzt eine Zulassung benötigt, um die berufliche Tätigkeit in den Mieträumen ausüben zu können, sollte sich beim Praxismietvertrag besonders absichern. Bestehen Zulassungsbeschränkungen, ist nämlich zunächst ein sogenanntes „Nachbesetzungsverfahren“ erforderlich, ehe Sie sich wie geplant niederlassen können. Dann sollte man die Wirksamkeit des Mietvertrags unter die Bedingung stellen, dass Sie auch tatsächlich zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden. Falls Sie dann doch keine Zulassung erhalten, würde der dadurch hinfällig gewordene Mietvertrag nicht in Kraft treten und Sie hätten daraus keine Verpflichtungen.
Gleiches gilt, wenn noch über die Verlegung des Vertragsarztsitzes der Mieterin bzw. des Mieters zu entscheiden ist oder die Erteilung einer Baugenehmigung aussteht. Muss die Immobilie, in der sich die künftigen Praxismieträume befinden, erst noch errichtet bzw. renoviert werden, besteht das Risiko, dass die Räume nicht rechtzeitig zum vereinbarten Mietbeginn bezugsfertig werden. Auch für diesen Fall sollten Sie sich als Mieterin bzw. Mieter absichern, etwa durch die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts.
Schönheitsreparaturen, Instandhaltung und Instandsetzung
Es ist Aufgabe des Vermieters, den vertragsgemäßen Zustand der Mieträume während der gesamten Mietzeit zu gewährleisten. Er ist grundsätzlich auch zur Durchführung sogenannter „Schönheitsreparaturen“ verpflichtet, soweit diese erforderlich werden: etwa das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden und der Heizkörper einschließlich der Heizungsrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen. Heutzutage werden diese Arbeiten allerdings gerne an die Mieterin bzw. den Mieter „delegiert“, ebenso wie die Übernahme der Kosten für kleine Reparaturen, etwa an der Heizungsanlage oder den Sanitär- und Elektroleitungen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Mieterin bzw. der Mieter beim Einzug auf eigene Kosten den kompletten Innenausbau vornimmt und nur für sie bzw. ihn nützliche Einbauten machen lässt. Die Übernahme der Instandhaltungspflicht sollte sich dann aber auch in einer entsprechend niedrigeren Miete widerspiegeln.
Außerdem muss man als Mieterin bzw. Mieter meist die Kosten für zum Beispiel eine zerbrochene Innenscheibe in den Räumen tragen. Allerdings dürfen Ihnen nur Arbeiten in Bereichen auferlegt werden, die auch wirklich in Ihrem Verantwortungsbereich liegen. Arbeiten an „Dach und Fach“ des Gebäudes können nicht auf Sie „abgewälzt“ werden. Abgesehen davon empfiehlt es sich, die von Ihnen zu tragenden Kosten für notwendige Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in der Höhe zu begrenzen.
Weiterhin ist zu prüfen, was später beim Auszug aus den Praxisräumen auf Sie zukommt. So ist es nämlich nicht zulässig, Sie noch zu einer Endrenovierung zu verpflichten, wenn Sie schon über die Jahre die regelmäßige Instandhaltung übernommen haben. Individuelle Einbauten, die Sie vorgenommen haben, müssen allerdings grundsätzlich immer zurückgebaut werden; und auch Schäden, die durch Ihren Mietgebrauch entstanden sind, müssen Sie (spätestens) am Ende der Mietzeit beheben.
Mängelbeseitigung und Ersatzansprüche bei Verzug
Entsprechen die Mieträume nicht bzw. nicht dauerhaft dem vertragsgemäßen Zustand und wird dadurch der vertragsgemäße Gebrauch beeinträchtigt, dann steht Ihnen als Mieterin bzw. Mieter ein Anspruch auf Nachbesserung und Mängelbeseitigung zu. Sobald Ihnen Mängel bekannt werden, müssen Sie den Vermieter darüber informieren. Am besten verbinden Sie die Aufforderung zur Mängelbeseitigung mit der Ankündigung, dass Sie künftige Mietzahlungen vorerst nur unter Vorbehalt leisten. Solange die Mängel nicht beseitigt sind, dürfen Sie die Miete um ein angemessenes Maß mindern. Bemessungsgrundlage der Minderung ist die Bruttomiete einschließlich aller Nebenkosten.
Daneben können Ersatzansprüche gegen den Vermieter in Betracht kommen: Wenn dieser mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug ist oder wenn eine umgehende Mangelbeseitigung notwendig ist, können Sie den Mangel auch selbst beseitigen (lassen) und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. In speziellen Fällen kann sogar eine fristlose Kündigung in Betracht kommen.
Kündigungsfristen
Gesetzliche Regelungen wie allgemeine Kündigungsfristen spielen bei Gewerbemietverträgen oft keine große Rolle, da diese meist über eine feste Laufzeit abgeschlossen werden, also „befristet“ sind. Befristete Gewerbemietverträge kann man nicht ordentlich kündigen, sie laufen grundsätzlich bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit. In diesem Fall wäre Ihrerseits lediglich eine „außerordentliche Kündigung“ möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt – etwa dann, wenn die Räume nicht nutzbar sind oder wenn sich der Vermieter so verhält, dass ein Mietverhältnis unzumutbar ist. Ein zeitlich unbefristeter Praxismietvertrag („auf unbestimmte Dauer“) kann grundsätzlich spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres gekündigt werden, das heißt mit etwa sechs Monaten Vorlauf.
Sozietätsklausel, Nachfolgeklausel
Erscheint Ihnen die angemietete Praxisfläche auf Dauer zu groß? Oder tragen Sie sich ohnehin mit dem Gedanken, eventuell später eine Kollegin oder einen Kollegen in die Praxis mitaufzunehmen? Dann sollten Sie die Berechtigung zur Einbindung weiterer Personen in den Mietvertrag aufnehmen: Dies ist die sogenannte „Sozietätsklausel“. Besprechen Sie frühzeitig, ob diese Person zu gegebener Zeit selbst als Mieterin bzw. Mieter in den Vertrag eintreten soll. Ein guter Praxismietvertrag sollte zudem eine „Nachfolgeklausel“ enthalten: Hiermit stimmt der Vermieter vorab schriftlich zu, dass das Mietverhältnis in bestimmten Fällen auf eine von Ihnen ausgewählte dritte Person übergehen darf. Ein typischer Fall wäre etwa der Praxisverkauf aus Alters-, Krankheits- oder sonstigen Gründen.
Sonderkündigungsrechte, Todesfallklausel
Aus Mietersicht ist es zudem empfehlenswert, im Praxismietvertrag ein „Sonderkündigungsrecht“ für den Fall zu vereinbaren, dass Sie als Ärztin bzw. Arzt berufsunfähig werden. Gut wäre auch ein Sonderkündigungsrecht für weitere unvorhersehbare Entwicklungen: wenn irgendwann die Praxis nicht mehr wirtschaftlich läuft, wenn Behörden die Räume als nicht mehr für den Praxisbetrieb geeignet ansehen sollten oder wenn Sie Ihre Zulassung verlieren und die ambulante Tätigkeit aufgeben müssen. Für den Fall, dass die Mieterin bzw. der Mieter verstirbt, sollte die Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung ausgeschlossen werden, wonach sowohl Erben als auch Vermieter berechtigt sind, das Mietverhältnis innerhalb eines Monats nach Kenntnisnahme vom Tod außerordentlich zu kündigen. Den Erben der bzw. des Verstorbenen muss genügend Zeit bleiben, um die Praxis zu verkaufen und nachbesetzen zu lassen, weswegen typischerweise der Vermieter auf sein gesetzliches Kündigungsrecht im Todesfall verzichtet („Todesfallklausel“).
Nützliche Hinweise rund um den Praxismietvertrag:
Übergabe: | Prüfen Sie bei der Übergabe, ob sich die Räume in dem vertraglich vereinbarten Zustand befinden. Der tatsächliche Zustand wird in einem Übergabeprotokoll festgehalten, das beide Parteien unterzeichnen. Hierin sollten auch alle festgestellten Mängel aufgelistet werden, sowie die Anzahl überlassener Schlüssel. |
Mietsicherheit: (Kaution) | Eine vereinbarte Mietsicherheit (Kaution) kann durch Überlassung einer bestimmten Geldsumme in bar oder als Bankbürgschaft geleistet werden. Da bei Praxismietverträgen keine gesetzliche Pflicht zur Anlage einer Barkaution besteht, stellt die Bürgschaft die günstigere Variante dar. Zudem ist die Bankprovision steuerlich als Betriebsausgabe absetzbar. Die Kautionshöhe kann von den Vertragsparteien frei vereinbart werde. |
Untervermietung: | Zur Untervermietung angemieteter Praxisräume und zur Änderung des Nutzungszwecks ist die Zustimmung des Vermieters erforderlich. |
Zutritt des Vermieters: | Der Vermieter sollte, außer bei Gefahr im Verzug, nur nach vorheriger Terminabsprache berechtigt sein, die Mieträume zu betreten; dies sollte den Praxisbetrieb möglichst nicht beeinträchtigen. |
Fristen: | Verpassen Sie nicht wichtige, im Zusammenhang mit dem Ablauf der Festmietzeit oder der Beendigung bzw. Verlängerung des Mietverhältnisses vereinbarte Erklärungs-, Kündigungs- oder Widerspruchsfristen. |
Wertsicherungsklausel: | Ist eine Wertsicherungsklausel vereinbart, sollten Sie die Entwicklung des Verbraucherpreisindexes im Blick behalten, um auf Mieterhöhungsverlangen vorbereitet zu sein und gegebenenfalls Rücklagen zu bilden. |
Praxisbeschilderung: | Der Mietvertrag sollte auch regeln, wo und in welcher Form Praxisschilder an der Tür, an der Hausfassade etc. angebracht werden dürfen. Vorhandene Schilder dürfen auch nach Ihrem Auszug noch sechs Monate hängen bleiben, um auf die neue Anschrift Ihrer Praxis hinzuweisen. |
Gerichtszuständigkeit: | Bei einem Rechtsstreit ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich die Praxis befindet. |