Knapp 170.000 Euro kostet die Übernahme einer hausärztlichen Einzelpraxis. Hinzu kommen Ausgaben für Miete, Technik, Personal, Werbung und vieles mehr. Um eine solche Investition stemmen zu können, brauchen Sie in der Regel finanzielle Mittel von der Bank. Viele Banken und Sparkassen haben sich auf die Berufsgruppe der Ärztinnen und Ärzte spezialisiert und begleiten die Existenzgründung von Anfang an: mit Unterstützung beim Gründungs- und Finanzierungskonzept, maßgeschneiderten Krediten sowie viel Erfahrung. Das nimmt die Angst vor dem finanziellen Risiko.
Viele scheuen das finanzielle Risiko
Eine eigene Praxis führen, selbstbestimmt arbeiten, Arbeitszeiten frei gestalten und sich vom Schichtdienst verabschieden können – das ist der Traum vieler Ärztinnen und Ärzte, die mit dem Gedanken an die Selbstständigkeit spielen. Doch trotz dieser offensichtlichen Vorteile wird der Plan häufig wieder verworfen: Der schwerwiegendste Vorbehalt gegen die Niederlassung mit eigener Praxis ist das finanzielle Risiko. Das gilt sowohl für die geplante Übernahme einer etablierten Arztpraxis einer Vorgängerin bzw. einem Vorgänger als auch für das Vorhaben, eine Praxis neu aufzubauen.
Die Gründung einer eigenen Praxis erfordert viel Kapital: Gerade in der Anfangsphase benötigen Sie enorme finanzielle Mittel für den Kauf der Praxis, die Anmietung und Ausstattung der Räume, die Anschaffung von Geräten und Technik, für Personal, Marketing und vieles mehr. In manchen Fällen geht es nicht nur um den Einstieg in einen langfristigen Praxismietvertrag, sondern sogar um den Erwerb der gesamten Immobilie, weil diese mitsamt der Praxis verkauft wird.
Preise für die Übernahme einer Arztpraxis steigen
Wenn sich eine Ärztin oder ein Arzt mit eigener Praxis selbstständig macht, geht es meist um die Übernahme einer bestehenden Praxis. Übernahmen sind der präferierte Weg in die Selbstständigkeit. Laut einer Analyse der „Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)“ (2019/2020) waren von den Hausärztinnen bzw. -ärzten, die sich mit eigener Praxis selbstständig machten, mehr als die Hälfte (55 Prozent) Übernahmen. Nur sechs Prozent waren echte Neugründungen; der Rest fand sich in Kooperationen zusammen.
Die gezahlten Übernahmepreise steigen kontinuierlich an: So kostete die Übernahme einer hausärztlichen Einzelpraxis laut der Analyse 2019/2020 durchschnittlich 169.300 Euro; im Zeitraum 2012/2013 bekam man die Praxis noch für rund 54.000 Euro weniger. Dabei entfielen von den Gesamtinvestitionen in Höhe von 169.300 Euro knapp 104.000 Euro auf den reinen Übernahmepreis (ideeller und materieller Wert) und 65.500 Euro auf Investitionen in die Praxisausstattung (Geräte, Einrichtung, EDV etc.). Doch auch die Kosten für die Neugründung einer Arztpraxis steigen weiter: Im Jahr 2022 mussten Existenzgründerinnen bzw. ‑gründer dafür im Schnitt 755.000 Euro investieren; im Jahr 2020 waren es „nur“ 507.000 Euro.
Die Übernahme einer Einzelpraxis ist die häufigste Form der Niederlassung, doch auch Kooperationsmodelle – etwa die Gründung oder der Einstieg in eine „Berufsausübungsgemeinschaft (BAG)“ – werden beliebter. Am häufigsten wird sich in Großstädten niedergelassen, das gilt vor allem für ältere Kolleginnen und Kollegen. Auf dem Land geht es eher um Praxisneugründungen, überwiegend durch junge Ärztinnen und Ärzte bis 35 Jahre. Zudem prägen mittlerweile Ärztinnen das Existenzgründungsgeschehen: Der Frauenanteil steigt weiter, bundesweit waren 61 Prozent der ärztlichen Existenzgründer weiblich (apoBank-Analyse 2019/2020).
Übernahme oder Neugründung
Auf den ersten Blick verwundert es nicht, dass die Übernahme so beliebt ist. Die Vorteile gegenüber einer Neugründung liegen auf der Hand: mehr Planungssicherheit, ein vorhandener Patientenstamm und Bekanntheitsgrad der Praxis, bereits eingearbeitete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, eine Grundausstattung der Praxisräume und vieles mehr. Doch vielleicht entsprechen die Mitarbeitenden nicht dem eigenen Anspruch und arbeiten nicht nach der gleichen Philosophie wie Sie? Oder das Praxiskonzept ist überholt und die medizinischen Geräte sind nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik. Dann kann die Übernahme ein teures Unterfangen werden. Denn neben dem reinen Kaufpreis, der an die Vorgängerin bzw. den Vorgänger gezahlt werden muss, steigen auch die Investitionssummen für Modernisierung, fällige Umbauten oder die Anschaffung neuer Geräte und Technik seit Jahren deutlich an.