Die Frage, ob Sie als Gründerin bzw. Gründer einer eigenen Arztpraxis die Räume mieten oder kaufen sollten, lässt sich nicht pauschal beantworten. Zwar sprechen die aktuell niedrigen Zinsen grundsätzlich für einen Kauf, relevant sind aber neben wirtschaftlichen auch steuerliche und private Aspekte. Zudem hängt die Entscheidung für einen Immobilienerwerb immer von der Lage des Objekts ab, denn Preise und Preisentwicklung variieren bundesweit sehr stark.
Immobilienpreise steigen, Gewerbemieten zuletzt leicht gesunken
Die Immobilienpreise in Deutschland kennen seit Jahren nur eine Richtung: nach oben (Statista, 2024). Gründe für den anhaltenden Anstieg sind unter anderem der Mangel an Bauland und die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, weshalb mehr in Immobilien investiert wird. Die Kaufpreise sowohl für Wohn- als auch für Geschäftsimmobilien steigen. Demgegenüber ist der Mietindex für Büroimmobilien im Jahr 2021 erstmals wieder seit 2009 leicht gegenüber dem Vorjahreswert gesungen, das ist das Ergebnis des „Immobilienpreisindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp)“. Eine Ursache ist vermutlich der durch die Coronapandemie ausgelöste Trend zum Homeoffice, wodurch die Unternehmen ihre gemieteten Büroflächen verringern konnten, was das Angebot an freien Flächen erhöhte. In Deutschlands größten Bürostandorten ist diese Entwicklung allerdings nur zum Teil angekommen: Zwar sanken in Berlin die Durchschnittsmieten für Büroflächen zuletzt tatsächlich ein wenig, in Köln und insbesondere in München legten sie allerdings teils merklich zu.
Sowohl die Kaufpreise für gewerbliche Objekte als auch die Mieten für Geschäfts- und Büroräume sind hoch und steigen tendenziell weiter, insbesondere in den begehrten Innenstadtlagen der Metropolen und Großstädte. Hieraus allein lässt sich daher keine Empfehlung ableiten, ob Sie als Ärztin bzw. Arzt die Praxisräume anmieten oder kaufen sollten. Abseits von Preisentwicklungen spielen bei der Entscheidung „Miete oder Kauf?“ jedoch auch viele andere Aspekte eine Rolle.
Lage des Praxisstandorts bzw. der Immobilie
Wenn es neben der eigentlichen Praxisgründung auch um den eventuellen Kauf der Immobilie geht, gilt zunächst die bekannte Kurzbotschaft aus der Immobilienbranche: „Lage, Lage, Lage“. Allerdings schauen Ärztinnen und Ärzte bei der Suche nach dem optimalen Standort für die eigene Praxis meist nur auf Kriterien, die mit der ärztlichen Tätigkeit zusammenhängen: Sie analysieren, welche Patientenströme vorhanden sind und wie hoch der Anteil an Privatpatientinnen bzw. -patienten ist. Daneben betrachten sie die Dichte ärztlicher Kolleginnen und Kollegen im Umfeld, die Nachbarschaft zu Apotheken oder Kliniken sowie die Erreichbarkeit des Standorts mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Doch bei einem Immobilienerwerb geht es vor allem um die Rentabilität des Objekts, denn der Kauf einer Immobilie ist ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor mit weitreichenden Konsequenzen. Noch vor einigen Jahren haben Immobilienexperten bei einer Entscheidung in sogenannten B-Städten, wie beispielsweise Braunschweig oder Mülheim an der Ruhr, zum Kauf der Geschäftsimmobilie geraten, da hier mit besonders hohen Renditen zu rechnen war. Objekte in den Eins-a-Lagen der deutschen Metropolen wie Berlin, München, Frankfurt und Hamburg sind zwar begehrt, auch weil sie meist unabhängiger von konjunkturellen Schwankungen sind – aber sie sind eben auch sehr teuer.
Egal für welchen Standort Sie sich heute entscheiden, denken Sie auch an später: Wenn Sie die Praxis in vielen Jahren aufgeben möchten und eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger zur Miete oder zum Kauf suchen, wird es auch wieder um die Lage gehen. Denn Interessenten lassen sich bekanntlich für attraktive Standorte leichter finden als für Objekte der C‑Kategorie in Randlage.
Neben Rentabilitätsüberlegungen spielt beim Erwerb einer Praxisimmobilie auch die optimale steuerliche Gestaltung eine Rolle, weshalb Sie sich vor einer Kaufentscheidung unbedingt mit Ihrer Steuerberaterin bzw. Ihrem Steuerberater besprechen sollten. Wichtig sind zudem eine intensive strategische Vorbereitung und ein Abwägen der Vor- und Nachteile.